El dinosaurio und seine Nachfolger

Ein Microcuento mit Sequels: Der bekannte Text des Guatemalteken Augusto Monterroso ist mittlerweile vielfach variiert und parodiert worden und kann dazu anregen, ebenfalls eine eigene Version zu verfassen.

by-nc-sa  Idzo (http://www.flickr.com/photos/idzoteque/)
by-nc-sa
Idzo (http://www.flickr.com/photos/idzoteque/)

Ich habe mich ja schon als Fan der Kürzestprosa geoutet; und erläutert, warum und wie man Microcuentos im Unterricht einsetzen kann. Neben dem Schreiben von Fortführungen, Vorgeschichten und dem Füllen von Leerstellen kann man ein existierendes Microcuento auch als Anlass für eine eigene Geschichte nehmen, die das Thema variiert, beantwortet oder von einer ganz anderen Richtung beleuchtet.

So vielfach geschehen mit dem bekannten Text von Augusto Moterroso:

El dinosaurio
Cuando despertó, el dinosaurio todavía estaba allí.

En: Obras completas (y otros cuentos), 1959

Noch recht nah am Klassiker ist der Text von Pablo Urbanyi (Argentina/Canada), der den Titel beibehält, aber den Inhalt umkehrt.

El dinosaurio
Cuando despertó, suspiró aliviado: el dinosaurio ya no estaba allí.

En: Relatos vertiginosos, 2000, p.154

Eduardo Berti geht ebenso vor, fügt aber einen neuen Gedanken hinzu:

Otro dinosaurio
Cuando el dinosaurio despertó, los dioses todavía estaban allí, inventando a la carrera el resto del mundo.

En: La vida imposible, Emecé, Buenos Aires, 2002, p.125.

Bei José de la Colina verlagert sich das Geschehen auf die Metaebene; man spricht über den Originaltext:

La culta dama
Le pregunté a la culta dama si conocía el cuento de Augusto Monterroso titulado “El dinosaurio”.
—Ah, es una delicia —me respondió—, ya estoy leyéndolo.

En: Lauro Zavala, Minificción mexicana, p.271.

José María Merino (Spanien) beweist, dass die Miniatur auch intertextuell funktioniert:

Cien
Al despertar, Augusto Monterroso se había convertido en un dinosaurio. “Te noto mala cara”, le dijo Gregorio Samsa, que también estaba en la cocina.

En: Raúl Brasca, Dos veces bueno 3, p. 79

Isabel Mellado treibt dieselbe Intertextualität noch weiter, und bringt als neuen Aspekt etwas Herz-Schmerz in die Geschichte:

Me desperté sin dinosaurio y sin ti. Soy una cucaracha.

Außerdem gibt es Variationen, die sich völlig vom Inhalt lösen und eigentlich nur noch die syntaktische Struktur übernehmen, wie diese beiden von Jaime Muñoz Vargas:

El corrector
Cuando enmendó, la herrata todavía estaba allí.
El descarado
Cuando plagió, el copyright todavía estaba allí.

Julio Ricardo Estefan bewegt sich auf der Metaebene, wenn er beschreibt, dass es eigentlich ganz unmöglich ist, vom „dinosaurio“ ohne intertextuelle Absicht
zu sprechen:

La excepción a la regla
Cada vez que en un microrrelato aparece la palabra dinosaurio, el lector avisado recuerda: Monterroso; y aunque espero que este sea la excepción a la regla, presiento que ya es tarde.

All das führt dazu, dass der Dinoaurier von Hipólito G. Navarro schließlich dieser Geschichten überdrüssig wird:

El dinosaurio
El dinosaurio estaba ya hasta las narices.

Wozu das Ganze im Unterricht? Man kann über Autorschaft, Nachahmungen, Originale, Plagiate, Fortsetzungen und künstlerische Inspiration sprechen. Interessant ist die Feststellung, dass eigentlich alle diese Fortsetzungen nur dann funktionieren, wenn man das Original kennt. Die Kürze wird ausgeglichen durch die Textkenntnis der Leser/innen. Somit verweisen alle auf den Ursprungstext und erweisen ihm eine Ehre.
Außerdem kann man das Phänomen der Intertextualität ansprechen. Viele literarische Texte sind mit anderen Texte assoziiert und ergeben ein dichtes Gewebe an Bezügen. Die verschiedenen Arten von Bezügen kann man hier gut herausarbeiten. Besonders wichtig sind die Erwartungen und Vorerfahrungen beim Lesen.

Diese Gedanken können und sollten zu einem kreativen Umgang mit Texten anregen und die SuS ermutigen, eigene Versionen zu diesem oder zu anderen Texten zu schreiben. Natürlich muss man auf Aspekte des Urheberrechts hinweisen, aber mit einer Fußnote lässt sich das ja leicht klären.

Weitere Dinosaurier-Texte gibt es auf dem Blog El oscuro borde de la luz und die ganze Wahrheit über den dinosaurio bei la mirada actual.

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